In diesem Artikel geht es um elternunabhängiges BAföG im Studium als Zweitausbildung. Es wird durch die Gesetzeslücke zwischen BAföG und dem Bürgerlichen Gesetzbuch ermöglicht. Zunächst betrachten wir, wie die Lücke entsteht und wann sie für dich relevant ist. Dabei untermauern wir die Aussagen mit entsprechenden Beschlüssen des Bundesgerichtshofs. Anschließend betrachten wir die „Abitur-Lehre-Studium“-Konstellation und den zweiten Bildungsweg. Zu guter Letzt findest du noch ein Video von mir, das dir die praktische Umsetzung erläutert.
Der Artikel stellt keine Rechtsberatung dar, er gibt lediglich meine Meinung und Erfahrung wieder.
Infos zu den anderen Arten der elternunabhängigen Förderung findest du hier.
Was ist das BAföG im Studium als Zweitausbildung (auch Sonderfall genannt)?
Laut BAföG sind die Eltern dazu verpflichtet, die Kinder während der Ausbildung finanziell zu unterstützen. Das Bürgerliche Gesetzbuch nach §1610 Abs. 2 BGB hingegen besagt, dass die Eltern ihre Kinder lediglich bei der ersten Ausbildung finanziell unterstützen müssen. Sobald diese als abgeschlossen gilt, besteht kein Anspruch mehr seitens der Kinder auf eine finanzielle Unterstützung. Das Bürgerliche Gesetzbuch steht über dem BAföG und sticht somit das BAföG aus.
Bestätigt wird die Gültigkeit dieser Aussage durch ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom 08.03.2017, in dem eindeutig klargestellt wurde, welche Voraussetzungen notwendig und hinreichend sind, damit keine Unterhaltspflicht der Eltern bei der Aufnahme einer Zweitausbildung ihres Kindes mehr besteht. Der folgende Abschnitt bezieht sich auf dieses Urteil, der Gerichtsbeschluss selbst kann selbstverständlich hier aufgerufen werden.
Der BGH unterscheidet in seinem Urteil dabei zwischen zwei Bildungswegen. Auf der einen Seite wird der Bildungszweig Abitur-Ausbildung-Studium, im Urteil als „Abitur-Lehre-Studium-Fälle“ benannt, in Abschnitt 13 erläutert, auf der anderen Seite findet der zweite Bildungsweg „Realschule-Lehre-Berufskolleg-Studium“ in Abschnitt 14 Erwähnung. Für beide Szenarien sind teilweise unterschiedliche Voraussetzungen zu erfüllen, damit die elterliche Unterhaltspflicht erlischt und somit der Weg für elternunabhängiges BAföG frei wird.
Voraussetzungen für elternunabhängiges BAföG im Studium als Zweitausbildung
Neben den bildungswegspezifischen Voraussetzungen (weiter unten) gibt es auch Bedingungen, die beide Fälle gleichermaßen erfüllen müssen, damit die Unterhaltspflicht der Eltern nicht mehr besteht und das Studium als Zweitausbildung anerkannt wird. Die Unterhaltspflicht bleibt bestehen, wenn:
- Aus gesundheitlichen Gründen ein Berufswechsel notwendig ist
- Aus sonstigen nicht vorhersehbaren Gründen der Beruf nicht ausgeübt werden kann
- Eine Fehleinschätzung der Begabungen und Neigungen bei der ersten Ausbildung vorlag
- Das Kind von den Eltern in eine Ausbildung gedrängt wurde und dabei die Begabungen nicht berücksichtigt wurden
- Zu Beginn der ersten Ausbildung bereits klar war, dass der Ausbildung ein Studium folgt
- Ein Ausbildungsplan den Eltern bekannt war und diese nicht widersprochen haben
- Eine besondere Begabung während der Ausbildung festgestellt wurde
- Eine angemessene Ausbildung dem Kind verweigert wurde und davon ausgehend zunächst ein alternativer Beruf ausgeübt wurde, der nicht den Begabungen des Kindes entsprach
Die Bedingungen zu deinem Einkommen und deinem Vermögen vom „normalen“ BAföG gelten auch hier ebenfalls. Mehr Infos dazu findest du hier [In Arbeit].
Bildungsspezifische Voraussetzungen
Es gibt zwei Bildungswege, die zum Studium als Zweitausbildung führen. In der folgenden Abbildung sind die beiden Bildungswege grafisch mit den einzelnen Ausbildungsstufen und den jeweiligen Bedingungen visualisiert. Auf die beiden Wege wird im Folgenden näher eingegangen.
Zur „Abitur-Lehre-Studium“-Konstellation
Zweiter Bildungsweg
Wenn die Hochschulzugangsberechtigung über den zweiten Bildungsweg zunächst durch den Haupt- oder Realschulabschluss, einer darauffolgenden Lehre und einem anschließenden Besuch eines Berufskollegs oder Abendgymnasiums erreicht wurde, so liegt im Normalfall keine Unterhaltspflicht der Eltern mehr vor, wenn die allgemein gültigen Voraussetzungen eingehalten worden sind.
Wenn den Eltern nicht bereits zu Beginn der Ausbildung bekannt gemacht wurde, dass nach Abschluss der Lehre ein Studium folgen soll, so gilt die Unterhaltspflicht laut dem Urteilsbeschluss des BGH vom 08.03.2017 mit der ersten Ausbildung als erfüllt. Damit sollen Eltern finanziell entlastet werden, die nicht mit einer mehrstufigen Ausbildung ihres Kindes rechnen konnten, da zunächst die Lehre als Berufsabschluss angestrebt wurde.
Tipp
Im Umkehrschluss kann natürlich auch der gegenläufige Weg gegangen werden, indem der Studierende die Unterstützung der Eltern während des Studiums erzwingt, wenn anhand der oben genannten Bedingungen die Unterhaltspflicht weiterhin besteht. Dies hat gewisse Vorteile gegenüber dem elternunabhängigen BAföG, aber auch Nachteile.
Der große Vorteil ist, dass eine elterliche Unterstützung, zumindest formal, den Eltern nicht zur Hälfte wieder zurückbezahlt werden muss, wie es beim BAföG der Fall ist (mehr zur Rückzahlung findest du hier [In Arbeit]). Sich die Unterhaltszahlungen im schlimmsten Fall gerichtlich zu erstreiten könnte allerdings negative Auswirkungen auf das Verhältnis zwischen Kind und Eltern haben.
Wie beantrage ich nun elternunabhängiges BAföG durch die Gesetzeslücke?
Hier beginnt nun der praktische Teil, den ich dir in einem kurzen Video zusammengefasst habe.
Mein Ratgeber zum Thema elternunabhängiges BAföG im Studium als Zweitausbildung
Hier erfährst du vor allem, was du über die elternunabhängige Förderung durch die Gesetzeslücke zwischen BAföG und dem Bürgerlichen Gesetzbuch wissen musst.
Viele Studierende wissen nicht, dass sie elternunabhängig gefördert werden können. Wenn du vor deinem Studium bereits eine Ausbildung abgeschlossen hast, dann kann dieses Thema sehr interessant für dich sein. Ich berichte im Ratgeber von meinen eigenen Erfahrungen, was auf dich zukommt und welche Chancen und Risiken mit einhergehen.